===Wichtige Lebensstationen=== S. wurde 1855 in Neugersdorf geboren und ging in Leutersdorf und Zittau zur Schule. In Zittau prägte [[Oskar Friedrich]] nachhaltig das Interesse des Jungen für die Naturwissenschaften. Er wohnte zu dieser Zeit im Hause [[Karl Gottlob Morávek|Karl Gottlob Moráwek]], bei dem u. a. [[Johann Gottlieb Korschelt]], [[Carl Anton Tobias]], [[Heinrich Julius Kämmel]] und [[Otto Carl Alfred Moschkau]] ein- und ausgingen. Moráwek weckte nicht nur S.s Interesse an historischen Fragen, als Landschaftsgärtner konnte er dem Jungen auch viel botanisches Wissen vermitteln. Auf Ratschlag eines Lehrers vertiefte S. ab 1872 seine botanischen Kenntnisse bei dem Naturforscher [[Michael Rostok%2C Rostock%2C Rostok|Michael Rostock]], seinerzeit Volksschullehrer in Dretschen. Mit Rostock verband ihn später eine langjährige Freundschaft. Nach seiner Lehrerausbildung in Bautzen bekleidete S. Dienststellen in Sohland (ab 1876) und an der Bürgerschule Bischofswerda (ab 1878). In Bischofswerda gab er auch Unterricht an der Fortbildungsschule. S. unterrichtete Religion, Deutsch, Rechnen, Geographie, Naturgeschichte und Schönschreiben, an der Fortbildungsschule auch Zeichnen, wofür er sich 1882 bei [https://www.peter-hug.ch/lexikon/clausonkaas Adolf Clauson-Kaas] weiterbildete. ===Zwei bedeutende Oberlausitzer Botaniker (fast) gleichen Namens=== S. werden 166 Belege im digitalisierten Oberlausitzherbar des Museums für Naturkunde Görlitz zugeordnet. Etwa die Hälfte betreffen das Stadtgebiet von Bischofswerda und die unmittelbar benachbarten Dörfer. Das regelmäßige Sammelgebiet reichte bis Bautzen mit Schwerpunkten am Valtenberg, im Wesenitztal, in Gaußig und Göda. Er bearbeitete vorrangig Gefäßpflanzen und Pilze. Der Bischofswerdaer Lehrer S. ist nicht identisch mit dem Görlitzer Botaniker und Afrikaforscher [[Carl Theodor Herrmann Steudner|Hermann Steudner]], der zudem häufig fälschlicherweise Steudtner geschrieben wird. Es ist noch ungeklärt, in welchem Umfang dieser auch in der Oberlausitz gesammelt hat. Mit Sicherheit können ihm Nachweise aus Würzburg im Flechtenherbar des Staatlichen Museums für Naturkunde Görlitz zugeordnet werden. Ludwig Rabenhorst hat Nachweise von Steudner, darunter aus Görlitz, in "Die Algen Sachsens" und "Die Algen Europas" publiziert. ===Hermann Steudtner - ein vielseitiger Naturkenner=== Die detaillierten Aufzeichnungen von S. besitzen große Bedeutung für das Erkennen von Veränderungen in der Flora und Fauna der Oberlausitz. Neben den pflanzenkundlichen Dokumentationen sind v. a. seine Arbeiten zur Fisch- und Vogelfauna hervorzuheben. Die Exaktheit seiner Darstellung ist bemerkenswert. In Beiträgen zur Fischfauna der Wesenitz beschrieb S. deren Verarmung infolge der Industrialisierung. Er stellte 15 Arten fest. Die Arbeiten zur Karpfenteichwirtschaft in Bischofswerda sind wertvolle Literatur zur ehemaligen Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges. Hervorzuheben sind auch seine praktischen Hinweise für Karpfenteichwirte. Eine Folge von Beiträgen im Jahre 1921 weist S. als soliden Kenner und aufmerksamen Beobachter der heimischen Vogelwelt aus. Er nennt 102 Arten mit ausführlicher Beschreibung des Vorkommens und lässt dadurch das Ausmaß der heutigen Verarmung der Vogelfauna erkennen (z. B. Feldlerche "massenhaft", Nachtschwalbe "regelmäßig", Wachtel "häufig"). Bemerkenswert ist seine Beschreibung des seinerzeit gemeinsamen Auftretens von Nebel- und Rabenkrähe in und um Bischofswerda. Es wird aber auch deutlich, dass die Raubvögel an Individuen- sowie Artenzahl seither gewonnen haben. ===Vereinsarbeit und Beiträge zur Heimatgeschichte in Bischofswerda=== S. war 1883 Mitbegründer des örtlichen Lehrervereins, in dessen Vorstand er 24 Jahre lang mitarbeitete, des Bischofswerdaer Obstbauvereins und eines Naturheilvereins sowie Mitglied des Landesobstbauvereins. Am 10.7.1895 gründete der Großdrebnitzer Kirchschullehrer [[Ehregott Bruno Barthel|Bruno Barthel]] den Bezirksverein Bischofswerda des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde, den S. viele Jahre leitete. Anlässlich des 25-jährigen Gründungsjubiläums hielt er als Vorsitzender einen vielbeachteten Vortrag zu Bakterien. 1899 gründete S. den Naturwissenschaftlichen Verein. Er verfasste wichtige Beiträge zur Stadtgeschichte von Bischofswerda, darunter eine unvollendete Fortschreibung der Stadtchronik, und erwarb sich besondere Verdienste um die Bewahrung des Andenkens an den Heimatforscher Ernst Emil Wustmann und den Komponisten [[Johannes%2C Johann%2C F%C3%BCrchtegott%2C Jonathan Pache|Johannes Pache]], dessen Vater Emil Pache sein Lehrerkollege in Bischofswerda gewesen war. Als jahrzehntelanges Mitglied im Bischofswerdaer Promenadenausschuss beteiligte er sich an der Gestaltung des heutigen Goetheparks. Ein Teil des Nachlasses von S. befindet sich im Stadtarchiv Bischofswerda. Artikel zu Karl Hermann Steudtner von Frank & Uwe Fiedler im Biographischen Lexikon der Oberlausitz, 2011