===Familiärer Hintergrund=== S. wurde 1772 in Schwepnitz als jüngstes von insgesamt vier Kindern aus den zwei Ehen des Vaters, des dortigen Pfarrers ''Johann Gottrau Stöckhardt'', geboren. Der Vater entstammte der Putzkauer Linie einer weitverzweigten protestantischen Theologenfamilie ([http://www.uwe-fiedler.eu/stoeckhardt.htm Ahnentafel]). Die Stöckhardts haben sich über Generationen hinweg große Verdienste um das geistliche Leben, aber auch um Wissenschaft und Wohlfahrt in ganz Sachsen und darüber hinaus erworben. Die Familie geht auf den während der Religionswirren aus Flandern vertriebenen und nach Sachsen eingewanderten ''Gerhard van Stoeckhardt'' zurück. Dessen Enkel begründeten im späten 17. Jahrhundert in der Umgebung von Bischofswerda die beiden Hauptlinien der Familie, den Putzkauer ([[Johann Heinrich Stöckhardt]]) und den Lauterbacher Zweig. Seinem Vater, der ihn schon früh mit Latein und Griechisch vertraut machte, verdankte S. die Aufgeschlossenheit für fremde Sprachen. S.s Werdegang wurde später auch vom Vorbild eines Großonkels aus dem Putzkauer Zweig, dem fast 40 Jahre als Diakon in Glauchau und Pastor in Gesau wirkenden ''Gottfried Gerhard Stöckhardt'' (1721-1788), geprägt. Dieser war - wie später auch S. - nach seinem Studium in Leipzig zunächst beim Grafen v. Schönburg Hauslehrer und er war schriftstellerisch tätig. S. wurde seinerseits ein Vorbild für den Berufsweg von [http://personen-wiki.slub-dresden.de/index.php/Stöckhardt,_Carl_Friedrich_Gottlieb Carl Friedrich Gottlieb Stöckhardt] aus dem Lauterbacher Familienzweig, der ebenfalls in Leipzig Theologie und Philologie studierte. ===Ausbildung in Bautzen und Leipzig (1787-1794)=== S. besuchte ab 1787 das Gymnasium in Bautzen, zunächst unter dem als Lateiner gerühmten Rektor ''Christoph Jeremias Rost,'' 1790/91 unter [[Karl August Böttiger]], einem Philologen, Archäologen und Schriftsteller der Aufklärung. In dieser Zeit erwachte auch sein Interesse an allem Italienischen. Die Anregungen dazu erhielt er von ''Johann Gottlieb Cober'', von 1762 bis 1792 Konrektor in Bautzen. Cober war als vormaliger Hauslehrer noch lange in Verbindung zum ehemaligen sächsischen Gesandten in Rom, [http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Bianconi,_Johann_Ludwig_Graf_von Johann Ludwig Graf von Bianconi], geblieben und galt als ausgewiesener Philologe. In einem Nachruf von 1797 wurde das innige Verhältnis von Lehrer und Schüler deutlich. Mit [[Friedrich Wilhelm Ehrenfried Rost]], Philosophieprofessor in Leipzig und Sohn des Bautzener Schulrektors, blieb S. auch später noch in Kontakt. Im Jahre 1791, kurz nach dem Tod des Vaters, begann S. ein Philosophie-Studium an der Universität Leipzig. Durch Vermittlung des späteren Ministers von Burgsdorf und seines Professors [http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Gottlieb_Seydlitz Christian Gottlieb Seydlitz] erhielt er dafür ein königliches Stipendium. Zu seinen Lehrern zählten neben Seydlitz [http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Platner Ernst Platner] in der Philosophie sowie später ''Christoph Friedrich Loesner'' in der Philologie und [http://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_Friedrich_Nathanel_Morus Samuel Friedrich Nathanel Morus], [http://de.wikipedia.org/wiki/Gottlieb_Immanuel_Dindorf Gottlieb Immanuel Dindorf], [http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_August_Gottlieb_Keil Karl August Gottlieb Keil], [http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Georg_Rosenmüller Johann Georg Rosenmüller], [http://de.wikipedia.org/wiki/Gottlieb_Samuel_Forbiger Gottlieb Samuel Forbiger] und der aus Kamenz stammende [http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_Burscher Johann Friedrich Burscher] in der Theologie. S. schloss sich der [http://www.scholarly-societies.org/history/1784spl.html Societas Philologica Lipsiensis] von [http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Daniel_Beck Christian Daniel Beck] an, wo er [[Karl Gottfried Siebelis]] kennenlernte. 1793 verteidigte er seine Magisterarbeit bei Karl August Gottlieb Keil. Anschließend lehrte er als Privatdozent Philosophie, Sprachwissenschaft und Kunsttheorie. Außerdem predigte er in der Thomaskirche und der Paulinerkirche. Auch der damals berühmte Literaturkritiker [http://en.wikipedia.org/wiki/Girolamo_Tiraboschi Giralomo Tiraboschi] war schon auf ihn aufmerksam geworden. Sie korrespondierten regelmäßig und Tiraboschi vermittelte 1793 seine Aufnahme in die Societa de' Volschi. ===Jahre der Reife im Glauchau der v. Schönburgs (1794-1804)=== 1794 berief der [http://de.wikipedia.org/wiki/Schönburg_(Adelsgeschlecht) Graf von Schönburg] auf Empfehlung Dindorfs S. zum Privatlehrer der einzigen Tochter des Hauses nach Vorder-Glauchau/Wechselburg. Mit den Schönburgs hielt er sich öfters in Dresden auf und nutzte diese Gelegenheiten, seine Italienisch-Kenntnisse zu vertiefen. In dieser Zeit erwarb er sich mit der Herausgabe und sachkundigen Kommentierung italienischer Lesebücher von [http://de.wikipedia.org/wiki/Giovanni_Boccaccio Giovanni Boccaccio] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Ludovico_Ariosto Ludovico Ariosto] einen Namen als Philologe. 1798 wurde S. zum Archidiakonus in Glauchau und Pastor an der Filialkirche in Gesau berufen. ===Rastloses Wirken in und für Bautzen (1804-1830)=== ====Pastor am Dom St. Petri==== Im Jahre 1804 kehrte S. als Pastor Secundarius und Mittagsprediger an der Hauptkirche [http://de.wikipedia.org/wiki/Dom_St._Petri_(Bautzen) St. Petri] nach Bautzen zurück. Organist war hier [[Christian Gottlob August Bergt]]. Vertrauensvoll arbeitete S. an der Simultankirche St. Petri mit dem katholischen [[Franc Jurij%2C Franz Georg Lok%2C Lock|Bischof Lock]] zusammen. Große Verdienste um die Stadt und ihre Bürger erwarb sich S. mit der Ausarbeitung und Einführung des neuen Bautzener Gesangbuches (1826) und der Einrichtung einer "Uebungsanstalt in theologischen Wissenschaften" für die Mitglieder im Predigerkollegium im Bautzener Bezirk (1828) "...mit einem zweckmässigen Plane zur Errichtung solcher Anstalten, wodurch die Candidaten des Predigtamtes in der Oberl. zur Führung geistlicher Aemter zweckmässig vorbereitet werden können, ...". Dem Dom St. Petri diente er um 1829 als geistlicher Inspektor. Anlässlich der Feier zur 25-jährigen Amtseinführung wurde seine "Begeisterung für alles Heilige auf dem Weg durchs irdische Leben" hervorgehoben. ====Die Freimaurerloge ''Zur goldnen Mauer''==== Die Loge war 1802 auch als Bildungsstätte für das aufstrebende Bautzener Bürgertum vom damaligen Rektor des Gymnasiums, [[Ludwig Friedrich Gottlob Ernst Gedike]], gegründet worden. Die Logenbrüder bemühten sich stets um das Allgemeinwohl; sie waren mildtätig und gründeten ein Privatseminar zur Ausbildung von Volksschullehrern. S. wurde 1805 in die Loge unter dem [http://de.wikipedia.org/wiki/Meister_vom_Stuhl Meister vom Stuhl] [[Taube, August Gotthilf|August Gotthilf Taube]] aufgenommen. Schnell stieg er auf, wurde schon 1806 in den 3. Rang befördert und stand ihr nach Taubes Tod 1816 seinerseits für mehr 13 Jahre als Meister vom Stuhl vor. Die große Bedeutung der Freimaurer für das Bautzen des 19. Jahrhunderts ist den Namen ihrer Mitglieder zu entnehmen, zu denen z. B. [[M. Karl Siegmund Bornemann]], [[Johann Gottlieb Ehrig]], [[Friedrich August Adolph von Gersdorf]], [[Heinrich Gottlob Gräve]], [[Ernst Friedrich Hartz]], [[Karl Eduard Hering]], [[Johann August Liebusch]], [[Gottlob Heinrich Minkwitz]], [[Ernst Gottlob Monse]], [[D. Gottlob Heinr. Ohle]], [http://saebi.isgv.de/biografie/Eduard_P%C3%A4%C3%9Fler_(1799-1856) Eduard Paeßler], [[Karl Benjamin Preusker]], [[Karl Friedrich Quierner]], [[Karl Gottfried Siebelis]], [[Friedrich August Treutler]], [[Karl Gottlieb Wagner]] sowie die späteren Professoren für römisches Recht bzw. Agrarwissenschaft, S.s Söhne Heinrich [[Robert Stöckhardt]] und [[Stöckhardt|Ernst Stöckhardt]], gehörten. Besonders bekannt wurde die Freimaurerloge ''Zur goldnen Mauer'' - noch zu Taubes Zeiten - während der [http://de.wikipedia.org/wiki/Befreiungskriege Befreiungskriege] gegen Napoleon. Obwohl Sachsen auf der Seite Napoleons stand, empfing man [http://de.wikipedia.org/wiki/Gebhard_Leberecht_von_Blücher Blücher] und [http://de.wikipedia.org/wiki/August_Neidhardt_von_Gneisenau Gneisenau] im September 1813 festlich: Die beiden Führer der Schlesischen Armee gehörten der nationalen Mutterloge [http://de.wikipedia.org/wiki/Große_National-Mutterloge_(Zu_den_drei_Weltkugeln) Zu den drei Weltkugeln] an. Blücher hielt bei diesem, seinem zweiten Besuch in Bautzen in einem Jahr die berühmte, von Vaterlandsliebe und humanitärer Gesinnung zeugende Rede. Zum Schluss trank man auf das Wohl der beiden deutschen (verfeindeten) Könige. S. gründete auf Veranlassung des Repräsentanten der Landesloge und späteren Landesgroßmeisters [[Gottlob Adolf Ernst von Nostitz u. Jänkendorf auf Oppach|von Nostitz-Jänkendorf]] den Verein ''Rat und Tat'', der sich der sozialen Fürsorge und öffentlichen Wohlfahrt verpflichtet sah. Großes Ansehen erwarben sich die Bautzener Freimaurer unter S., als sie 1827 Hilfe für die Geschädigten des Stadtbrandes organisierten. Ab 1827 gaben Seminardirektor Pomsel, Zeichenlehrer von Gehrsheim und Schlossapotheker Paeßler Handwerkslehrlingen in einer Sonntagsschule unentgeltlich Unterricht. Diese Schule wurde zur Keimzelle für die Bautzener Industrie- und Gewerbeschule, der Verein ''Rat und Tat'' für die Kinder-Arbeitsschule und die Kinderbewahranstalt. ====Italienische Sprachkunde==== Von den vielen Veröffentlichungen, Übersetzungen sowie Gedichten sind die 1811 erschienene Sprachlehre für Italienisch-Lehrer mit Lesebuch für Schüler sowie das mehrfach aufgelegte Deutsch-Italienische Wörterbuch hervorhebenswert. Die Sprachlehre wurde seinerzeit beschrieben: "...wie gewissenhaft der Vf. bemüht war, seine Theorie mit der Anwendung zu verbinden...vielmehr ihn (Anm.: den Leser) zur Fortsetzung des begonnenen Werkes aufzumuntern". Noch 1838 schrieb Felix Mendelssohn Bartholdy an den Verlag, um ein Exemplar des Wörterbuches zu erhalten. Seine viel gerühmten Kenntnisse des Italienischen brachte S. auch anlässlich von Festlichkeiten zur Verherrlichung der sächsischen Königsfamilie zur Geltung. ===Würdigungen und Erinnerung=== Für seine vielfältigen Verdienste wurde S. 1826 mit der Aufnahme in die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften geehrt. Er war außerdem Mitglied der Societät Bautzen und Ehrenmitglied der Lausitzer Prediger-Gesellschaft, der Großen Landesloge von Sachsen sowie der nationalen Loge ''Zu den drei Weltkugeln'' und ist namentlich auf der großen Glocke des Domes St. Petri verewigt. Der Herrnhuter Kunsthistoriker Arthur Hermann Lier hat ihm mit seinem Beitrag in der ''Allgemeinen Deutschen Biographie'' ein ehrendes Denkmal geschaffen. Artikel zu Gerhard Heinrich Jacobjan Stöckhardt von Frank & Uwe Fiedler im Biographischen Lexikon der Oberlausitz, 2011